Elsa Ethel Estera Miller
*14.4.1923 in Langendreer (heute Bochum); ✡ 12.7.1964 Tod in den USA
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Jechiel Chil Jacob Miller *13.11.1895 in Grodzisk; ✡1 1945
Mutter Perla Szyfra Pejzachowicz *26.12.1903 in Tuszyn; ✡ 7.6.2000 in Haifa
Geschwister
Louis Miller *27.7.1924 in Anderlecht; ✡ 2018 in Brüssel; oo Reine Cohen
Maurice Miller *18.12.1928 in Anderlecht; ✡4.12.2008; oo Nudelberg
Sammy Miller
Beruf Schneiderin
Adressen Langendreer; Brüssel, Rue Haute; Paris; USA
Heirat
Josef Felstein *5.6.1914 in Targu Ocna, Rumänien; ✡12.12.1984
2.Ehe mit Lefkowitz
Kinder
Jean Jacques Charles Felstein *6.9.1948 in Paris; ✡4.9.2015 in Puteaux
Lydia Lefkowitz; oo Smith
Weiterer Lebensweg
10.5.1940 Einmarsch der Wehrmacht in Belgien
2.12.1940 Joseph Felstein gerät in Verdun in deutsche Kriegsgefangenschaft, Frontstalag 240
1943 Festnahme von Elsa Miller in Brüssel; Internierung im Durchgangslager Mechelen/ Malines
Der XX. Deportationszug aus Mechelen – Befreiungsaktion in Boortmeerbeek
19.4.1943 Elsa Miller mit 1636 Juden auf Transport von Mechelen nach Auschwitz
Von Reinhard Tenhumberg wird berichtet:
Youra Livschitz, Robert Maistriau und Jean Franklemon drei Aktivisten aus dem belgischen Widerstand beschließen den Ablauf der Deportationen zu behindern und den Gefangenen zur Flucht zu verhelfen.
Da sie nicht mit Hilfe von Seiten des organisierten belgischen Widerstands rechnen können, führen sie diese Befreiungsaktion auf eigene Faust durch.
Mit einer improvisierten roten Signallampe, die an einer unübersichtlichen Stelle auf die Gleisen platziert wird, gelingt es den 20. Deportationszug anzuhalten. Während Youra Livschitz Schüsse in die Luft abgibt, um einen größeren Partisanenangriff vorzutäuschen, versuchen Robert Maistriau und Jean Franklemon mit Zangen die Verriegelungen an den Waggontüren zu lösen. Tatsächlich gelingt es einen Waggon zu öffnen, bevor die Übermacht der Wachmannschaften, einem 40-köpfigen Kommando deutscher Schutzpolizei zu groß wird.
17 Personen wagen schließlich die Flucht aus dem Waggon. Von den drei Befreiern mit ein wenig Geld und einem Lageplan ausgestattet, finden sie Versteck und Schutz in der belgischen Bevölkerung und können so den Krieg überleben. Im weiteren Verlauf der Deportation des 20.Transportes bis zur deutschen Grenze können 232 Menschen aus dem Transport fliehen. 87 Personen werden gefasst und später deportiert. 26 Fliehende werden getötet. 119 Menschen gelingt schließlich die Flucht.
Auch Youra Livschitz, Robert Maistriau und Jean Franklemon kehren zunächst unbehelligt nach Brüssel zurück, werden aber später verhaftet. Youra Livschitz wird am 2. Juni 1943 zum Tode verurteilt und erschossen. Robert Maistriau und Jean Franklemon überleben Folter und KZ-Haft.
Der Transport erreicht am 22.04.1943 mit 507 Männern, 121 Jungen, 631 Frauen und 141 Mädchen, allesamt Juden das Konzentrationslager Auschwitz, nach der Selektion werden 276 Männer und 245 Frauen als Häftlinge ins Lager geschickt, die übrigen 879 Personen sofort in der Gaskammer umgebracht. Von den Häftlingen die ins Lager überführt wurden, erhielten lediglich 521 eine Häftlingsnummer. 152 von ihnen haben den Krieg überlebt.
22.4.1943 Ankunft von Elsa Miller in Auschwitz; sie bekommt die Häftlingsnummer 42490 in den linken Unterarm tätowiert.
Esther Loewy/Bejarano berichtet über die Aufstellung des Mädchenorchester von Auschwitz im April 1943
„Als dann die Dirigentin, Zofia Czajkowska eines Tages bei den Blockältesten nach Musikerinnen suchte, wurden meine Freundinnen Hilde Grynbaum, Sylvia Wagenberg und ich vorgeschlagen… Auch meine Freundinnen wurden akzeptiert, Hilde als Geigerin, Sylvia als Flötistin, und so zogen wir drei in die Baracke, in der die Musiker schliefen, die sogenannte Funktionsbaracke.“
Ab Mai 1943 Elsa Miller spielt Violine im Mädchenorchester und Notenschreiben
August 1943 Alma Rose übernimmt die Leitung des Mädchenorchesters, Zofia Czajkowska wird Blockälteste in der „Funktionsbaracke“
4. 4.1944 Tod von Alma Rose (*3.11.1906 in Wien, 4.4.1944 in Auschwitz)
April 1944 Sonia Winogradowa wird neue Leiterin und verlangt den Ausschluss der jüdischen Musikerinnen
„Als 1944 Tausende von ungarischen Juden in das Lager gebracht wurden und aufgereiht standen, um in die Gaskammern geführt zu werden, mussten wir auch diesen Unglücklichen etwas vorspielen.“
18.8.1944 Else Miller auf der Liste „Laboruntersuchungen des SS-Hygiene-Instituts Auschwitz, betreffend Urin-, Blut-, Stuhl- und Sputumproben sowie Rachenabstriche von Häftlingen des Konzentrationslagers Auschwitz“
Insgesamt 23 Orchestermitglieder, u.a.:
Helene Dunicz, Jadwiga Zatorska, Fanny Kornblum, Lilly Mathe, Kazimiera Malistowa (Malys), Christa Budzinska, Maria Mosa, Regina Kuperberg, Eva Benedek, Lotte Lebeda, Fanny Rubak, Charlotte Grunow, Olga Losowa, Lola Croner, Helene Rounder, Bronia Labusa, Sonia Winogradowa, Maria Galewa.
Diese Tests erfolgen vermutlich vor einer geplanten Verlegung der Frauen in die Kleiderkammer im Lagerbereich „Kanada“.
November 1944 Verlegung des Mädchenorchesters aus dem KL Auschwitz nach Bergen-Belsen
15.4.1945 Befreiung durch die Royal Army in Bergen Belsen
Block 46 in Bergen Belsen
14.6.1945 auf der Liste deutscher Jüdinnen in Bergen Belsen die Mitglieder des Mädchenorchesters: Ruth Basinski, Hilde Grynbaum, Charlotte Grunow, Elga Schiessel; Renate und Anita Lasker, Sylvia Wagenberg, Carla Wagenberg;
ebenfalls in Bergen Belsen Regina Kuperberg, Helen Dunicz, Elsa Miller, Flora Jacobs, Rachela Selmanowitz
Mai 1945 nach Belgien zur Familie
28.3.1948 Auswanderung nach Kanada
Bis zu ihrem Tode hält sie ihre Geschichte in der Familie verborgen.
12.7.1964 Tod in den USA
Gedenken
1996 erwähnt im Videointerview von Gefährtin Itta Wiernik (Videotape testimony of Itta W., *1927)
2010 „Le secret de ma mère“ von Jean-Jacques Felstein
Grabstein für Elsa Miller Lefkowitz auf dem Hebrew Rest Cemetery, Wichita Falls, USA
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/68356388
https://thegirlsintheauschwitz.band
https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4dchenorchester_von_Auschwitz
http://www.tenhumbergreinhard.de/transportliste-der-deportierten/bericht-transport/transport-19041943-mechelen-malines.html
https://collections.ushmm.org/search/catalog/hvt4677221
Jean-Jacques Felstein, „Le secret de ma mère“, 2010
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2
Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013