
Lilla Markstein/Lily Máthé (Sammlung Ora Markstein, Hamilton, Kanada)
*14.6.1910 in Eger, Ungarn; ✡ Dezember 1985 in Camden, London
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Sandor Markstein *1878 in Polgar, Ungarn; ✡1944
Mutter Petronella Neli Frank *1885; ✡ 1944
Geschwister
Ferenc Francis Markstein *2.6.1914 in Eger; ✡1991; oo Aranka Appel (*1924, ✡9.5.2024)
Beruf Violinistin, Leiterin eines Gypsy-Ensembles
Adressen
Heirat Februar 1947 in London Eduard „Eddie“ Bernstein
Kinder
Weiterer Lebensweg
1916-1920 jüdische Volksschule in Eger
1920-1924 Jahre Orsolya-Konvent, katholische Klosterschule der Ursulinen
1924-1926 Lehrerausbildung am Lyzeum in Eger
Umzug der Familie Markstein nach Budapest
1926-1932 Violin- und Kapellmeisterstudium an der Liszt-Akademie in Budapest mit Diplom-Abschluss
1932 Lili Markstein Gründerin eines Gypsy-Ensembles „Lily Mathé et ses 32 juvénils tziganes“; mit ihrer Band zu nächst in Ungarn, dann einige Jahre in Paris; auch auf Konzerttourneen im Ausland (14 Länder)

16.12.1939 Umzug nach Amsterdam mit Bruder Ferenc
10.5.1940 Einmarsch der Wehrmacht in den Niederlanden, Belgien und Frankreich
1941 Trotz ihres Passeintrages „Religion: katholisch“, fürchtet sie, als Jüdin entdeckt zu werden und kehrt zu ihren Eltern nach Budapest, Ungarn zurück.
„Unternehmen Margarete“ Einmarsch der Wehrmacht in Ungarn
19.3.1944 Besetzung von Ungarn durch die deutsche Wehrmacht „Unternehmen Margarete“
Otto Winkelmann, General der Waffen-SS und SS-Obergruppenführer, wird Höherer SS-und Polizeiführer für Ungarn.
Aufstellung des Sondereinsatzkommandos unter Leitung von Adolf Eichmann für die geplanten Juden-Deportationen
März 1944 Zwangsarbeit in einer Ziegelei in Budapest
27.4. bis 11.7.1944 Deportation 437.000 ungarischen Juden zumeist nach Auschwitz
Juni 1944 über 200 000 in Budapest verbliebene Juden werden in „Gelber Stern“-Ghettohäusern eingewiesen
Mitte Juni Internierung der Familie Markstein im Sammellager Kistarcsa in einer verlassenen Ziegelei außerhalb von Budapest
4.7.1944 Transport aus Kistarcsa nach Auschwitz
7.7.1944 An der Rampe in Auschwitz wird sie zur Zwangsarbeit selektiert und bekommt die Auschwitz-Transportnummer A-17137, Schwägerin Aranka die A 17135, Eva Steiner die A-17139 in den linken Unterarm tätowiert. Ihre Eltern werden in die Gaskammer geschickt.
Das Mädchenorchester in Auschwitz
Maria Mandl, beauftragt Zofia Czajkowska weitere Mitglieder zu suchen, ihr gelingt es aber nur, fünf Musikerinnen zu rekrutieren.
Ab April 1943 dürfen auch jüdische Musikerinnen aufgenommen werden
Esther Loewy/Bejarano berichtet über die Aufstellung des Mädchenorchester von Auschwitz im April 1943
„Als dann die Dirigentin, Zofia Czajkowska eines Tages bei den Blockältesten nach Musikerinnen suchte, wurden meine Freundinnen Hilde Grynbaum, Sylvia Wagenberg und ich vorgeschlagen… Auch meine Freundinnen wurden akzeptiert, Hilde als Geigerin, Sylvia als Flötistin, und so zogen wir drei in die Baracke, in der die Musiker schliefen, die sogenannte Funktionsbaracke.“
Der Block trug die Nummer 12, ab Herbst 1943 Nummer 7 im Frauenlagerblock BI
Anfang Mai Ruth Basinski und Charlotte Grunow folgen als weitere Musikerinnen aus dem 37. Osttransport
Juni 1943 offizieller Arbeitsbeginn des Orchesters.
August 1943 Alma Rose übernimmt die Leitung des Mädchenorchesters, Zofia Czajkowska wird Blockälteste in der „Funktionsbaracke“
4. 4.1944 Tod von Alma Rose (*3.11.1906 in Wien, ✡4.4.1944 in Auschwitz aus ungeklärter Ursache)
April 1944 Sonia Winogradowa wird neue Leiterin und verlangt den Ausschluss der jüdischen Musikerinnen
„Als 1944 Tausende von ungarischen Juden in das Lager gebracht wurden und aufgereiht standen, um in die Gaskammern geführt zu werden, mussten wir auch diesen Unglücklichen etwas vorspielen.“
Juli 1944 Rekrutierung von Lili Markstein/Mathe als 1. Violinistin und Dirigentin durch Kapo Sonia Winogradowa
Sie berichtet von vier nächtlichen SS-Gelagen in Anwesenheit von Adolf Eichmann.
Sie erwähnt, dass Irma Grese, SS-Hauptaufseherin für das Frauenlager eine freundliche Beziehung zu ihrer Schwägerin Aranka Markstein/Appel hatte und dieser kleine Geschenke machte.
Cousine Olga wird eine medizinische Behandlung einer klaffenden Schulterwunde vereigert, nachdem sie mit einer Reitpeitsche geschlagen worden war.
18.8.1944 Lili Mathe auf einer Liste „Laboruntersuchungen des SS-Hygiene-Instituts Auschwitz, betreffend Urin-, Blut-, Stuhl- und Sputumproben sowie Rachenabstriche von Häftlingen des Konzentrationslagers Auschwitz“ zusammen mit den Musikerinnen: Helene Dunicz, Jadwiga Zatorska, Fanny Kornblum, Lilly Mathe, Kazimiera Malistowa (Malys), Maria Mosa, Regina Kuperberg, Eva Benedek, Fanny Rubak, Charlotte Grunow, Olga Losowa, Lola Croner, Helene Rounder, Bronia Labusa, Sonia Winogradowa, Maria Galewa.
30.10.-1.11.1944 Verlegung von etwa 30 Mitgliedern des Mädchenorchesters aus dem KL Auschwitz nach Bergen-Belsen, wo der bisherige Kommandant Josef Kramer wieder als Lagerleiter eingesetzt wird.
Zunächst Unterbringung in Zelten
November 1944 nach Zusammenbruch der Zelte bei schwerem Unwetter Umzug in Baracken
Zwangsarbeit in der Lagerweberei; mit Flora Jacobs spielt sie kleine Konzerte im Haus des Lagerkommandanten Josef Kramer

Fania Fenelon, Lili Markstein und Schwägerin Aranka kommen mit Flecktyphus ins Krankenrevier. Während sich Aranka etwas eher erholt, hat sie einen schweren, hochfieberhaften, deliranten Verlauf. Dort werden sie von einem Adjutanten des Lagerkommandanten Kramer besucht: „Der Herr Kommandant hat mich beauftragt, nach den Musikerinnen zu sehen.“ Er setzt eine Infusionstherapie für Lili Mathe durch.
15.4.1945 die Befreiung durch die Royal Army in Bergen Belsen erlebt sie noch in Krankenrevier;
dort besucht sie Eddie Bernstein, Corporal der Wiltshire Yeomanry, Jude aus Wien; er veranlasst, dass sie in das benachbarte , von der Royal Army eingerichtete Glyn Hughes Hospital in der vormaligen Wehrmachtskaserne kommt. Die beiden verlieben sich, können aber erst im Herbst 1946 heiraten.
24.5.1945 Konzert des British Red Cross und des “National Socialist Community Theatre” in Bergen Belsen; Lily als “Czardas”-Solistin ; auch Ewa Stojowska and Eva Steiner treten bei diesem „Internationalen Kabarett“ auf.
14.6.1945 Liste deutscher Jüdinnen in Bergen Belsen mit Mitgliedern des Mädchenorchesters: Ruth Basinski, Hilde Grynbaum, Charlotte Grunow, Elga Schiessel; Renate und Anita Lasker, Sylvia Wagenberg, Carla Wagenberg;
Weitere Jüdinnen auf dieser Liste
Hannelore Grünberger, Lotte Joseph, Sara Landsberg, Hildegard Mayer, Margot Rosenblatt
ebenfalls in Bergen Belsen aus dem Mädchenorchester
Helen Dunicz, Flora Jacobs, Fanny Kornblum, Regina Kuperberg, Elsa Miller, Claire Monis, Helene Rounder, Rachela Selmanowitz

Foto von No 5 Army Film & Photographic Unit, John Silverside (Sgt)
Februar 1947 Heirat in London
Das Ehepaar lebte in London
1980 Fania Fenelon veröffentlicht ihren autobiografischen Roman
1981 Treffen mit Flora Jakobs/Schrijver und Anita Lasker/Wallfisch
Dezember 1985 Tod von Lili Bernstein in Camden, London
Gedenken –
Quellen
Sophie Fetthauer: Lily Mathé, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2011
https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00005209
Serie eines autobiografischen Berichts von Lili Bernstein 1960 in der Zeitung „News of the World“
Ora Markstein /Aranca Appel „My Season in Hell – the Story of a Number“ 1988
https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Markstein%22%7D
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/81967955
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/555609
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/555610
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996