Blum Walter

Walter Josef Blum

*23.5.1921 in Mannheim; ✡in Auschwitz

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Sigmund Blum *13.12.1892 in Oberhausen, Pfalz; Bäcker; ✡15.8.1942 in Auschwitz

Heirat der Eltern 23.10.1910 in Mannheim-Käfertal;

Mutter Helene Kretzler verw. Bühl *12.10.1886 in Mannheim; Katholikin; ✡ 14.12.1926 in Mannheim

2. Ehe des Vaters 1928 mit Elisabeth Grieser

3. Ehe des Vaters 1932 mit Rosa Meyer (1893-1942)

Halbschwester

Johanna Lore Blum *1.8.1934; überlebt nach Deportation in Frankreich; ✡28.5.2012 in Ollioules

Beruf

Adressen Mannheim, Spiegelkolonie;

Heirat ledig

Kinder

Weiterer Lebensweg

5.6.1921 Walter Blum katholisch getauft in der St. Franziskus-Kirche, Mannheim

1927 in Pflegefamilie eines Fabrikarbeiters in Neckarstadt

Jan 1930 wieder bei seinem Vater

1930/31 zu seiner Großmutter nach Rülzheim

19.4.1931 Israelitisches Waisenhaus Mannheim

Volksschule in Mannheim; befreundet mit Ernst Michel und Robert Kahn

5.5.1934 Bar Mitzwa in der Mannheimer Hauptsynagoge

1936 Festnahme des Vaters und Inhaftierung am 30.9.1936 auf dem Hohenasberg

Anlernwerkstatt in Mannheim, Elektriker -Ausbildung

13.3.1938 Entlassung des Vaters aus Hohenasberg und „Schutzhaft“ im KL Dachau, Häftlingsnummer 13955

5.7.1938 Umzug Walters zum Kaufmann Leopold Imber, Arbeit als Mechaniker

23.9.1938 Vater Sigmund von Dachau nach Buchenwald verlegt, Baracke 9

10.11.1938 Onkel David Blum in Rülzheim verhaftet im Novemberpogrom

„Schutzhaft“ in Dachau; Häftlingsnummer

3.2.1939 Onkel David Blum entlassen aus Buchenwald

23.1.1939 Umzug zur Familie seines Freundes Ernst Michel

17.5.1939 Walter in Mannheim bei Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 Vater, Schwester Lore und Stiefmutter in Mannheim bei Minderheiten-Volkszählung

23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86; vom Hechaluz wird eine „Aufbaugruppe nach Paderborn geschickt

4.9.1939 Mit dem Zug nach Fürstenwalde zur Landarbeit zusammen mit Ernst Michel

Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a

1939 Nach­dem zahl­rei­che, in Bie­le­feld le­ben­de Jü­din­nen und Ju­den in „Ju­den­häu­sern“ zwangs­ein­ge­wie­sen wur­den, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a und Paderborn, Grüner Weg 86;

Anfang September ent­stan­d zu­nächst ein Wohn- und Ar­beits­la­ger in der Ko­blen­zer Stra­ße 4 (heu­te: Ar­tur-La­de­beck Stra­ße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.

4.1.1940 Abmeldung nach Bielefeld, zunächst im Lager Koblenzer Straße 4 (später „Judenhaus“) gemeldet

Walter Blum kommt mit einer 7er- Gruppe aus Mannheim in das Lager Ko­blen­zer Stra­ße:

Bruno Adler, Ludwig Frank, Walter Blum, Ruth Loeb, Heinz Tausig, Fritz Ullmann

März/April 1940 wegen der räumliche Enge Wechsel in das Lager in der Schloß­hof­stra­ße 73a, einen ehemaligen Gutshof

Dort bestand auch eine Un­ter­kunft für alte und kran­ke Jü­din­nen und Ju­den („Sie­chen­heim“) als Ein­rich­tung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.

1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt.

Ende März/April 1940 verlassen vier Mannheimer Bielefeld Richtung Mannheim wieder;

Max Silbermann am 29.3.1940 mit Alfred Adler nach Mannheim abgemeldet; später Walter Blum am 9.6.1940 nach Paderborn, , Heinz Tausig am 12.6.1940,  Ruth Loeb erst am 20.8.1940 ins Lager „Rittergut Eichow“ bei Krieschow, Cottbus

23.3.1940 Wechsel in Umschichtungs- und Einsatzlager Bielefeld Schloßhofstraße 73 a

9.6.1940 aus Bielefeld angemeldet im Lager Paderborn

22. 10.1940 die Stiefmutter und Halbschwester Johanna mit 6500 Juden des Saarlandes, der Pfalz und Baden in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich transportiert in der „Bürckel-Wagner-Aktion“;

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager Paderborn“

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld; mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz

Erwin Angress berichtet:

„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager

3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:

„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Eingewiesen ins Lager Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 104905

Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943

„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“

Er teilt sich in Monowitz in Block 10 eine Pritsche mit Ernst Michel

31.8.-13.9.1943 Walter Blum nach einem heftigen Hieb einer SS-Wache im Häftlingskrankenbau, Diagnose Tuberkulose; Ernst Michel ist dort ab Sommer 1943 als Krankenpfleger eingesetzt.

Issy Philipp, Madrich in Paderborn berichtet von Walter Blum und Fredi Diamant:

„Fredi war ein ‚Piepl‘. Eines Tages sagte er zu mir: ‚Issy, du kannst jeden Tag kommen.‘ ‚Nicht allein. Ich habe einen anderen Chawer.‘ ‚Kein Problem, komm mit deinem Chawer.‘ Walter und ich bekamen Essen von diesem Fredi. Wir standen, ein Löffel voll ich, ein Löffel voll er, jeder bekam seine Hälfte. Leider hat er es nicht geschafft; er ist dort geblieben.“

17.-22.4.1944 erneut im Häftlingskrankenbau wegen Tuberkulose

17.-30.5.1944 erneut im Häftlingskrankenbau

19.11.1944 Tod in Ausschwitz III im HKB im Beisein seines Freundes Ernst Michel

Die „Bürckel-Wagner-Aktion“ – Internierung in Frankreich

22. 10.1940 Halbschwester Johanna Hannelore und die Mutter Rosa Meyer-Blum in Mannheim verhaftet und in ein Sammellager verbracht.

Sie werden auf einem von sieben Transporten von 6500 Juden des Saarlandes, der Pfalz und Baden, davon 1972 aus Mannheim in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich transportiert in der „Bürckel-Wagner-Aktion“.

Johanna wird von Mitarbeiterinnen der Jüdischen Hilfsorganisation OSE in ein OSE-Lager in Poulouzat gebracht und überlebt

10.8.1942 Rosa Meyer-Blum aus Drancy nach Auschwitz deportiert

Gedenken

Stolperstein für Walter Blum in Mannheim F5,1

19.11.2010 Pages of Testimony für Walter, seinen Vater und Stiefmutter von Rosi

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Videointerview Issy Philipp; link:

https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn502912

https://www.marchivum.de/de/stolperstein/walter-blum

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de845408

Susanne Reber: Walter Blum, 1921-1944,

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20423/Mannheim%20Walter%20Blum%201921-1944.pdf

Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302-Paderborn1.jpg

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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