Herbert Albert Julius Awraham Ehud Growald
*25.2.1914 in Berlin; ✡ 19.4.2007 in Rishon LeZion, Haifa
Staatsangehörigkeit deutsch; staatenlos
Religion jüdisch
Vater Max Growald * 5.10.1874 in Breslau; ✡1934 in Königsberg
Mutter Regina Katschinski *15.7.1883 in Sohrau; ✡20.4.1943 in Auschwitz
Geschwister keine
Beruf Lehrer
Adressen Berlin, Günzelstraße 17/18
Heirat Ilse Illa Alisa Löwenstein *15.3.1915 in Hohenlimburg; ✡20.4.2009 in Rishon LeZion
Kinder
Yoav Gad Growald *Febr. 1949 Im Kibbuz Givat Chaim; oo Chagi
Weiterer Lebensweg
3 Klassen Vorschule, 9 Jahre Gymnasium
17.5.1939 Ilse Löwenstein in Berlin Wilmersdorf bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 die Geschwister des Vaters: Hans, Gertrud, Walter und Felicitas Growald in Berlin-Mitte bei Minderheiten-Volkszählung
Aktivist im Makkabi Hazair; Leitungsmitglied der Jugendalijah Berlin
1939 und 1941 Herbert Growald Mitarbeit in der Zentrale des Hechaluz in Berlin, Meineckestraße, verantwortlich für Kultur, Erziehung und Jugendausbildung
August 1939-Januar 1940 Herbert Growald folgt auf Horst Hauptmann als Madrich im Landwerk Ahrensdorf für die Chaluzim im Alter von 14-18 Jahren (Mittlere Hachschara) .
Januar 1940 Artur Posnanski wird Nachfolger von Herbert Growald als Madrich des Landwerk Ahrensdorf, Doppelspitze mit Anne-Ora Borinski;
Januar 1940 Growald geht als stellvertretender Leiter der Tarbut-Abteilung (Kultur und Bildung) in der RVJD unter Recha Freier nach Berlin; nach ihrer Flucht im Sommer 1940 übernimmt er die Leitung der Abteilung
Frühjahr 1940 Growald Mitorganisator der Alijah Beth Sonderhachschara SH-7 über die Schwarzmeerroute von 1000 jüdischen Jugendlichen aus Deutschland mit der „SS PACIFIC“, nimmt zuvor an den schwierigen Verhandlungen mit Adolf Eichmann teil
August 1940 Growald begleitet die Berliner Gruppe mit Alfred Selbiger, dem Leiter der Jugend Alija in Berlin und Efraim Frank, dem Reiseleiter der Gruppe bis zur deutsch-österreichischen Grenze. Growald mit Selbiger zurück nach Neuendorf bzw. Berlin
August 1941 Letzte Tagung der Jugend-Alija-Leitung in Berlin
(v.l.n.r.) Lotte Kaiser, Artur Posnanski , Hans-Wolfgang Cohn, Sonja Okun, Alfred Selbiger, Ludwig Kuttner, Kurt Silberpfennig, Jitzchak Schwersenz, Herbert Growald; © Bildmaterial: Yoav Gad
10.6.1941 als Madrich nach Neuendorf, dort ist ab Juni 1941 nach Auflösung von Schniebinchen auch Martin Gerson bis zur Auflösung durch die Gestapo im April 1943
4.12.1942 ist er im Arbeitseinsatzlager Paderborn; er schreibt an Freundin Illa in London:
„Was mich anbelangt, so bin ich gesund und arbeite hier im Innenbetrieb. Wir sind im ganzen etwa 90 Leute, die zum groessten Teil in der Stadt arbeiten. Es ist jetzt schon reichlich kalt, und man muss sich schon warm anziehen.-Alfred kann Dir im Moment nicht schreiben, da er sehr krank ist und seit etwa drei Wochen nicht schreiben kann. Vorher hat er immer sehr fleissig gearbeitet, was er leider nicht mehr kann.„
9.4.1943 Verhaftung aller verbliebenen 153 „Landwerker“ im Landwerk Neuendorf, auch Mutter Regina Growald wird deportiert
10.4.1943 Transport von Trebbin mit der Bahn nach Berlin in das Sammellager Große Hamburger Straße
19.4.1943 Transport der Neuendorfer mit dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz
Esther Loewy, später Bejarano schreibt dazu:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Bejarano berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Chawerim im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Selektion in Auschwitz; eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, ihm wird die Häftlingsnummer 116999 in den linken Unterarm tätowiert
Laut Mithäftling Issy Philipp, im Lager Paderborn als Madrich, hatte Growald zunächst Schwierigkeiten, sich in die große Gruppe der Paderborner, Bielefelder und Neuendorfer Hachschara-Chawerim in Buna-Monowitz als Chawer und nicht als Madrich einzuzuordnen, so sagte Philipp zu Growald:
„Herbert, du musst ganz von vorne anfangen, du musst den Madrich vergessen. Du musst anfangen, langsam das Vertrauen der Chawerim zu gewinnen.“
18.1.1945 „Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge auf dem Todesmarsch über 80 km von Auschwitz nach Gleiwitz; Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Growald mit 4000 Häftlingen von Gleiwitz in offenen Güterwaggons auf Irrfahrt über Tschechien, nach Mauthausen, dort wegen Überfüllung abgewiesen und wieder nach Deutschland
28.1.1945 Ankunft von 3500 Häftlingen, 500 Toten Nordhausen KL Mittelbau Dora bei Nordhausen, V2-Produktion in Stollen; zwei Tage nach Ankunft im KL Dora waren weitere 600 Häftlinge tot;
März 1945 Todesmarsch nach Bergen-Belsen
15.4.1945 Befreiung in Bergen-Belsen durch die Royal Army
Liste aus Bergen-Belsen betr. Juden, die zwischen 1945/47 in Bergen-Belsen und Sandbostel lebten. Einige von ihnen gingen nach Amerika, Frankreich und Palästina
Von Bergen-Belsen zu Fuß und per Anhalter zusammen mit Esther Loewy (später Bejarano) und ihrer Freundin Margot Edel nach Frankfurt zu den American Headquarters um Esthers Bruder zu suchen, der aber als verwundeter Soldat bereits in die USA zurückverlegt worden war.
Herbert Growald auf dem Gehringshof 1945, 5. v.l.
Von Frankfurt mit Esther und Margot nach Fulda zum ehemaligen Hachschara Gut Gehringshof, ab Juli 1945 Kibbuz Buchenwald
Zusammen mit Issy Philipp, Arthur Posnanski im Kibbuz Buchenwald, Gehringshof in Hattenhof
10.5.1945 Suchanzeige der Verlobten Ilse Löwenstein aus London
26.8.1945 Entlassung aus Bergen-Belsen mit einer Gruppe junger Chaluzim zum Gehringshof;
26.8.1945 vermutlich diese Gruppe wurde von Arthur Posnanski mit dem Bus zum Gehringshof geholt
4.6.1946 vor dem Oberlandesgericht Kassel Antrag auf Befreiung von der Beibringung der ausländischen Ehefähigkeitszeugnisse
8.6.1946 Heirat Ilse Löwenstein in Frankfurt
6.7.1947 noch auf der Gehringshof Liste
1945-1947 Aktiv bei Bricha-Aktionen der Jewish Brigade und des „Institutes für die Alija B“
4.11.1947 Emigration nach Palästina
Mit Frau Alisa und Sohn Yoav ca. 1950
Leiter eines Altenheimes in Haifa
19.4.2007 Tod in Rishon Lezion
Gedenken
25.12.1999 Irrtümliches Page of Testimony von Karl Shimson Meier, Freund vom Maccabi Hazair
Irrtümlicher Eintrag im Bundesgedenkbuch
Grabstein auf demNew Rishon Letsiyon Gordon Cemetery, Rishon Lezion, Israel
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1062502
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1062521
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/2607286
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_advance_search.php?SourceId=19584
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/70339735
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/76752108
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883