Englard Berta

Berta Chaja Englard

*7.7.1921 in Przemysl; ✡30.9.1942 in Auschwitz

Staatsangehörigkeit polnisch

Religion jüdisch

Vater Zwi Hersch Hermann Englard *5.9.1889; ✡ 17.12.1936 in Berlin

Mutter Cilla Dominitz *1.11.1887 in Radymno; ✡ in Auschwitz

Zwillingsbruder

Leo Arie Leib Englard *7.7.1921 in Przemysl; ✡ überlebt

Beruf Landwirtschaftliche Volontärin

Adressen Przemysl; Jessen Mühle; Werkdorp Wieringen Nieuwesluizerweg 42, Slootdorp (Wieringen); Amsterdam

Heirat ledig

Kinder

Weiterer Lebensweg

22.5.1915 Vater Hermann Englard als Infanterist des KuK Landwehrinfanterieregiment 36 in den Verlustlisten des Ersten Weltkriegs von Österreich-Ungarn verwundet gemeldet

Jessen Mühle

Das Hachschara-Lehrgut Jessen Mühle bei Sorau in der Niederlausitz bestand in der Zeit von 1932 – 1943; Träger war die Jüdische Jugendhilfe. Hier wurden für jeweils etwa 30 Chawerim, jugendliche Pioniere des Hechaluz über einige Monate in verschiedenen handwerklichen Tätigkeiten, in Hauswirtschaft und in Landwirtschaft zur Vorbereitung auf die Alija ausgebildet (Erstausbildung und Mittlere Hachschara für 14-18 -Jährige)

1937 Berta Englard zur Hachschara ins Lager Jessen Mühle

1938 war Wolfgang Berger Leiter von Jessen Mühle

Polenaktion

28.10.1938 Bei der „Polenaktion“ wurden aus anderen Lagern polnischstämmige Chaluzim abgeschoben, nicht aber aus Jessen. So bleibt auch Berta Englard verschont. Brunhilde Hoffmann, später Dina Cohen kam im September 1938 nach Jessen, sie schreibt:

„In der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober 1938 wurden im Rahmen der „Polenausweisung“ auch in Jessen Jugendliche und Erwachsene mit polnischer Staatsangehörigkeit verhaftet. … Wir haben Glück gehabt, denn der Bürgermeister von Jessen war sehr anständig und wir sind unbehelligt geblieben.“

Novemberpogrom

10.11.1938 Überfall der Gestapo auf Gut Ellguth; alle erwachsenen Männer nach Buchenwald, so auch Hans Baum aus Herne

Die Gestapo-Nebenstelle in Forst verlangte die Schließung der beiden nur zwei Kilometer voneinander entfernten Lager in Schniebinchen und Jessen. Vom RSHA in Berlin wurde dem nicht stattgegeben, so dass der Betrieb bis zur Schließung 1941 weitergehen konnte.

21.8.1939 Berta Englard als Madricha aus Jessen Mühle zusammen Hans Caminer, Kurt Landmann und Günter Glogowski zur Hachschara ins Werkdorp Wieringen

Werkdorp Nieuwe Sluis

Träger des „Jüdisches Werkdorf Nieuwe Sluis“ ist die „Stichting Joodse Arbeid“ (Stiftung Jüdische Arbeit); hier werden jüdische Jugendliche zu Landarbeitern umgeschult (Hachschara) als Vorbereitung auf die Ansiedlung in Palästina (Alija). Die Ausrichtung war neutral, nur etwa ein Drittel der Chawerim waren auch zionistische Chaluzim (zionistische Pioniere)

Im März 1934 kommt eine kleine Gruppe von Volontären als Aufbaugruppe in die verlassenen Baracken auf der Farm. Dreieinhalb Jahre lang dienten diese als Unterkunft für die Gruppe der Bauarbeiter. Ende 1934 stehen vier Baracken und eine Kantine dicht beieinander rund um das Haukes-Haus.

Oktober 1934 Aufnahme des regulären Ausbildungsbetriebs

Im Zentrum des Werkdorfs wird ein Gemeinschaftshaus errichtet, die Baracken werden in einem Halbkreis herumgebaut.

Anfang 1937 Offizielle Eröffnung der nun fertiggestellten Anlage

25.2.1939 Bruder Leo Ari aus Polen zur Hachschara ins Werkdorp Wieringen

21.8.1939 Berta Englard als Madricha aus Jessen Mühle zusammen Kurt Caminer, Kurt Landmann und Günter Glogowski zur Hachschara ins Werkdorp Wieringen

Alija Beth auf der SS DORA

Juli 1939 Bruder Leo  mit 76 Werkdorpern aus dem Werkdorp Nieuwesluis nach Amsterdam zur Alija Beth auf der SS DORA

16.7.1939 Boarding mit 183 Chaluzim in Amsterdam auf der zur Alija Beth von den Mossad-Agenten Jehuda Berginski, Gideon Ruffer und Shmarya Tzameret gekauften SS DORA nach Palästina

12.8.1939 Ankunft der SS DORA in Palästina; die Chaluzim werden am Strand von Shefayim in der Nähe von Tel Aviv mit Booten illegal ins Land gebracht

Berta Englard vor dem Gemeinschaftshaus des Werkdorp

Auflösung des Werkdorp

20.3.1941 Auflösung des Werkdorp durch den SD der SS; 210 der 290 Lehrlinge werden nach Amsterdam verbracht und in Familien untergebracht; Gerd Vollmann berichtet darüber:

„Am 20. März kamen morgens blaue Busse von der Amsterdamer Gemeindebahn am Rande des Polders. … Die ca. 300 Werkdörfler wurden inspiziert durch Lages in Uniform und Barbie in Zivil.

Willy Lages, SS-Sturmbannführer, Leiter des Sicherheitsdienstes in Amsterdam; Klaus Barbie, SS-Obersturmführer, Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam

Unser Betriebsleiter Kemmerlin sorgte dafür, dass ca. 60 Jungen und Mädels bleiben durften, um das Vieh usw. zu versorgen. Die anderen kriegten 10 Minuten die Gelegenheit, um etwas zu packen und dann wurden wir mit Bussen nach Amsterdam gebracht…“

Unterbringung der 210 Werkdorper zunächst in Asschers Diamantschleiferei im Amsterdamer „Pijp“

27.3.1941 Unterbringung der Werkdorper in Gastfamilien oder bei Verwandten; Berta Englard kommt in die Familie in der Volkerakstraat 14 in Amsterdam

11.6.1941 Offizielle Abmeldung der 210 Werkdorper aus der Gemeinde Wieringermeer

1.8.1941 endgültige Schließung des Werkdorpes

Zweite große Razzia in Amsterdam

14.5.1941 Bombenexplosion im Marine-Offiziersclub Amsterdam auf der Bernard-Zweerskade ist Anlass für Verhaftungswelle

Juni 1941 Zweite große Razzia in Amsterdam; der SD geht bei dieser Razzia anders vor als bei der ersten Razzia im Februar 1941, bei der  Juden wahllos auf der Straße aufgegriffen und festgenommen wurden; bei der zweiten Razzia nutzen die Deutschen Adresslisten und gehen gezielt zu den Häusern von dem sie wissen, dass dort Juden leben.

11.6.1941 SS-Obersturmführer Klaus Barbie von der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam“ erschleicht sich durch Täuschung die Adresslisten der „Werkdorper“

11.6.1941 „Vergeltungsmaßnahme“ 300 vorwiegend Jugendliche, davon 61 „Werkdorper“ im Durchgangslager Schoorl inhaftiert; von ihnen werden vier, die keine vier jüdischen Großeltern haben, freigelassen.

22.6.1941 Deportation der 296 in Schoorl Inhaftierten in das KL Mauthausen; dort werden sie durch extrem harte Arbeit im Steinbruch und oftmals tödliche medizinische Experimente ermordet; keiner überlebt das Jahr 1941

Jeugdhuis Plantage Franschelaan 13 in Amsterdam

10.11.1941 Nachdem durch Freizug der Wohnungen, das Haus auf der Plantage Franschelaan 13 in Amsterdam verfügbar wurde, Eröffnung des Jeugdtehuis des Joodse Raad Plantage

10.11.1941 Ernst Rosenbaum zusammen mit Gerhard Hirsch, Hans Joseph, Günter Levy, Harald Rosenbach, Norbert Schweitzer, Hans Stern und Gert Herz zur Eröffnung ins Jugendheim des Joodse Raad, Plantage Franschelaan 13

Viele Werkdorper wurden nach der Auflösung des Werkdorps hier untergebracht, vor allem die älteren, später durften auch jüngere Geschwister hier wohnen. Das Gebäude gehörte dem Joodse Raad, das Haus in der Nicolaas Witsenkade 14 der Stichting Joodse Arbeid , wo auch Werkdorper wohnten. Hier wohnten zwischen November 1941 und April 1943 67 Personen, davon 44 Werkdorper

6.5.1942 Aufnahme von Berta Englard im Jugendheim des Joodse Raad Plantage Franschelaan 13 in Amsterdam

Erste Razzia in der Franschelaan

15.7.1942 Berta Englard in der Dritten Großen Amsterdamer Razzia verhaftet; es werden auch die Bewohner des Jeugdhuis verhaftet und nach Hooghalen deportiert; u.a.: Gert Herz, Günter Levy, Hans Stern, Harald Rosenbach, Horst Levi, Gerhard Hirsch, Erwin Eichengrün,

 7 Km zu Fuß ins Kamp Westerbork, Registrierung in der großen Halle und unmittelbar zu Fuß zurück nach Hooghalen

Erst ab November 1942 gab eine eigene Bahnlinie und Station im Kamp Westerbork; Juli-November mussten die Deportierten von und zur Station Hooghalen zu Fuß laufen.

3.7.1942 Wechsel in das Beth Chaluz auf der Nicolaas Witsenkade 14-hs

15.7.-17.7.1942 Erster großer Massentransport aus den Niederlanden ab Hooghalen nach Auschwitz

30.9.1942 Tod von Berta Englard in Auschwitz

Gedenken

Grabstein des Vaters Hermann auf dem Jüdischen Friedhof Weissensee, Berlin

8.11.1955 Pages of Testimony für Berta und die Mutter von Bruder Arie

Quellen

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Englard%22%7D

https://www.mappingthelives.org

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/en11783544

https://danielabraham.net/tree/related/dora

https://yvng.yadvashem.org/ad

Österreich-Ungarn, Verlustlisten des Ersten Weltkriegs, 1914-1918

Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936; Bron: boek, Deel: 146, Periode: 1912-1938

www.werkdorpwieringermeer.nl/en/berta-chaja-englard-2/

www.werkdorpwieringermeer.nl/

https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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