Margot Anzenbacher geb. Stein
*17.5.1915 in Pilsen; Tod ?
Staatsangehörigkeit Tschechin
Religion jüdisch

Vater Leo Karel Stein *24.5.1880 in Dolni Sekyrany; Rechtsanwalt; ✡1942 Maly Trostinec
Mutter Hermine Scharfspitz *30.8.1884 in Pilsen; ✡ 1939
Geschwister
Lili Stein *15.6.1908 in Pilsen
Beruf Linguistin, Englischlehrerin
Adressen Pilsen, Franziskaner Gasse, Františkánská 16;
Heirat
1.Ehe 1937 mit Karel Anzenbacher *1.12.1909-28.10.1943 in Dresden

2. Ehe mit Josef Větrovec *5.3.1922 in Pilsen; Schauspieler; ✡11.2.2002 in Prag
die Ehe wurde geschieden
Kinder
Jitka Vetrovcova; oo Kolesa
Weiterer Lebensweg

1934-19.10.1938 in Nerudova 28 in Pilsen; höhere Berufsfachschule
19.10.-1.12.1938 abgemeldet nach Russland

28.11.1938 als Mieterin (najemniki) in der Tr. cs legic 662/17 in Pilsen registriert, zuvor wohnhaft in Russland (posledni byt Ruska)
1940 Margot Anzenbacher mit Ehemann Karel verhaftet von der Gestapo;
Anklage und Verurteilung wegen illegaler Parteiarbeit für die KP Tschechiens, Entgegennahme illegaler Schriften;
Karel Anzenbacher in Dresden zum Tode verurteilt und am 28.10.1943 hingerichtet
Margot ins Zuchthaus Waldheim

28.10.1943 Ehemann Karl Anzenbacher in Dresden hingerichtet
Margot Anzenbacher mit einem RSHA-Transport mit 43 Gefangenen aus Böhmen nach Auschwitz
11.6.1943 an der Rampe in Auschwitz wird sie zur Zwangsarbeit selektiert und bekommt die Auschwitz-Häftlingsnummer 46155 in den linken Unterarm tätowiert.
Das Mädchenorchester in Auschwitz
Auf Betreiben der SS-Oberaufseherin des Frauenlagers Maria Mandl beruft Lagerkommandant Rudolf Höss eine Versammlung der Kapo’s von Auschwitz-Birkenau ein, mit dem Auftrag, nach geeigneten Mitgliedern für ein zu gründendes Frauenorchester zu suchen, als Pendant zum bereits bestehenden Männerorchester.
Mandl wurde im November 1944 nach Mühldorf versetzt, Außenlager von Dachau
Im Krakauer Auschwitz-Prozess zum Tode verurteilt – 1948 vollstreckt
Maria Mandl, beauftragt Zofia Czajkowska weitere Mitglieder zu suchen, ihr gelingt es aber nur, vier weitere Musikerinnen zu rekrutieren: Stefania Baruch, Danuta Kallakova, Maria Mos, Jadwiga Zatorska
Ab April 1943 dürfen auch jüdische Musikerinnen aufgenommen werden
Esther Loewy/Bejarano berichtet über die Aufstellung des Mädchenorchester von Auschwitz im April 1943, die ersten jüdischen MItglieder
„Als dann die Dirigentin, Zofia Czajkowska eines Tages bei den Blockältesten nach Musikerinnen suchte, wurden meine Freundinnen Hilde Grynbaum, Sylvia Wagenberg und ich vorgeschlagen… Auch meine Freundinnen wurden akzeptiert, Hilde als Geigerin, Sylvia als Flötistin, und so zogen wir drei in die Baracke, in der die Musiker schliefen, die sogenannte Funktionsbaracke.“
Anfang Mai Ruth Basinski und Charlotte Grunow folgen als weitere Musikerinnen aus dem 37. Osttransport
Juni 1943 offizieller Arbeitsbeginn des Orchesters.
August 1943 Alma Rose übernimmt die Leitung des Mädchenorchesters, Zofia Czajkowska wird Blockälteste in der „Funktionsbaracke“
Anfang September 1943 Aufnahme in das Orchester von Alma Rose als Gitarristin, später Notenschreiberin, Stubendienst
4. 4.1944 Tod von Alma Rose (*3.11.1906 in Wien, ✡4.4.1944 in Auschwitz aus ungeklärter Ursache)
April 1944 Sonia Winogradowa wird neue Leiterin und verlangt den Ausschluss der jüdischen Musikerinnen
„Als 1944 Tausende von ungarischen Juden in das Lager gebracht wurden und aufgereiht standen, um in die Gaskammern geführt zu werden, mussten wir auch diesen Unglücklichen etwas vorspielen.“
18.8.1944 Anzenbacher steht auf der Liste „Laboruntersuchungen des SS-Hygiene-Instituts Auschwitz, betreffend Urin-, Blut-, Stuhl- und Sputumproben sowie Rachenabstriche von Häftlingen des Konzentrationslagers Auschwitz“

Insgesamt 23 weitere Orchestermitglieder, u.a.:
Helene Dunicz, Jadwiga Zatorska, Fanny Kornblum, Lilly Mathe, Kazimiera Malistowa (Malys), Christa Budzinska, Maria Mosa, Regina Kuperberg, Eva Benedek, Lotte Lebeda, Fanny Rubak, Charlotte Grunow, Olga Losowa, Lola Croner, Helene Rounder, Bronia Labusa, Sonia Winogradowa, Maria Galewa.

Diese Tests erfolgen vermutlich vor einer geplanten Verlegung der Frauen in die Kleiderkammer im Lagerbereich „Kanada“.
30.10.-1.11.1944 Verlegung von 31 jüdischen Mitgliedern des Mädchenorchesters aus dem KL Auschwitz nach Bergen-Belsen.
Die „arischen“ Mitglieder des Orchesters bleiben in Auschwitz:
Jozefa Maria Bielakowska, Henryka Brzozowska, Stefania Buchalska, Sofia Cykowiak, Sofia Czajkowska, Helena Dunicz, Jadwiga Kollak, Irena Lagowska, Maria Langenfeld, Kazimiera Malys, Maria Mos, Ewa Stojowska, Irena Walaszyk, Jadwiga Zatorska.
Die Mitglieder des Mädchenorchester kommen in Bergen Belsen zunächst in Zelten unter, die aber bei einem heftigen Sturm zusammenbrechen, so dass sie in Wehrmachtsbaracken kommen.
Violette Silberstein und Claire Monis werden zu Kapos ernannt.
Zwangsarbeit in der Weberei.
Januar 1945 Ankunft zweier „arischer“ Musikerinnen in Bergen Belsen: Ewa Stojowska, Stefania Buchalska
Ewa Stojowska wird Blockälteste von Block 201
Henryka Brzozowska gelingt die Flucht auf dem Todesmarsch
Charlotte Croner, Julie Stroumsa und Ibolya sterben in Bergen-Belsen
15.4.1945 Befreiung durch die Royal Army in Bergen Belsen
14.6.1945 Liste deutscher Jüdinnen in Bergen Belsen mit Mitgliedern des Mädchenorchesters:
Ruth Basinski, Hilde Grynbaum, Charlotte Grunow, Elga Schiessel; Renate und Anita Lasker, Sylvia Wagenberg, Carla Wagenberg;
Weitere Jüdinnen auf dieser Liste
Hannelore Grünberger, Lotte Joseph, Sara Landsberg, Hildegard Mayer, Margot Rosenblatt
ebenfalls in Bergen Belsen aus dem Mädchenorchester
Helen Dunicz, Flora Jacobs, Fanny Kornblum, Regina Kuperberg, Elsa Miller, Claire Monis, Helene Rounder, Rachela Selmanowitz
Gedenken
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/81967955
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/555609
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/555610
Serie eines autobiografischen Berichts von Lili Bernstein 1960 in der Zeitung „News of the World“
Margot Anzenbacher, „Ctyri Roky“ (Vier Jahre) Autobiografie, 1979
www.argus.bstu.bundesarchiv.de/dy55/xml/inhalt/7b7b94c8-10f0-4bbf-8bef-19baebc96887_prn.htm
http://thegirlsintheauschwitz.band/
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939